Hi(ghly) unreal

Bernard Ammerer
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Galerie Frey Wien

Über DIE Ausstellung

Hi(ghly) unreal – zwischen Realität und Vorstellung

In seiner Einzelausstellung Hi(ghly) unreal in der Wiener Galerie Frey zeigt Bernard Ammerer einen Querschnitt aus älteren, neueren und neuesten Arbeiten. In meist nicht eindeutig zuordenbaren Figurenkonstellationen als Kombination aus assoziativen und sehr genau geplanten Elementen bringt der Künstler seine Bildkonzepte als Reflexion von Beobachtungen auf die Leinwand. Dabei entsteht eine Mehrdeutigkeit, die sich nicht immer auflöst – weder für den Betrachter, noch für Ammerer selbst.

Highly unreal – höchst unwahrscheinlich, jedoch nicht ganz unmöglich. Bernard Ammerer denkt in Bildern und die realistische Malerei sei für ihn die beste Möglichkeit, seine Gedankengänge darzustellen, so der Künstler. Jede einzelne seiner Arbeiten verleitet zu unterschiedlichsten Interpretationen und Assoziationen mit dem eigenen Unterbewusstsein, bedrückend und befreiend zugleich. Ammerer berührt in gewisser Weise einen ganz besonderen Aspekt mit seiner Malerei: trotz der so realistischen, detailgetreuen Bildsituationen kann die eigentliche Bedeutung und Motivation dahinter mit Worten nur sehr begrenzt ausgedrückt werden, ohne sich dabei zu verlieren. Es sind die einfachsten und zugleich größten und vielschichtigsten Themen wie Sinnfindung, Orientierung oder Glückssuche, die bei Ammerer immer wieder auftauchen – jenseits jeglicher Banalität. Sinnbildlich dafür, dass man nicht immer alles benennen muss bzw. auch etwas unbenannt lassen kann, ohne dass es in die Beliebigkeit abdriftet, steht vielleicht auch Ammerers Zuhörer. Eine sitzende Figur vor weiter Kulisse – über ihr eine leere Sprechblase.

Es ist diese feine, spontanassoziative Gratwanderung, eine Art Schwebezustand zwischen Realität und Illusion, die bei Ammerer so fasziniert. Ästhetik und Farbe nehmen dabei einen hohen Stellenwert ein, sie bilden das Fundament seiner meist großformatigen Bilderwelten, deren einprägsamer Wirkung man sich als Betrachter nur schwer entziehen kann. Deutlich wird dies zum Beispiel in der titelgebenden Arbeit der Ausstellung Hi(ghly) unreal. Eine leicht bekleidete junge Frau steht allein auf weiter Flur vor einer kargen, in rotoranges Licht getauchten Gebirgsformation, der Himmel schimmert dunkel.

Eine rätselhafte Szene, deren Stimmung etwas Apokalyptisches hat und zugleich eine eindrucksvolle Stärke sowohl von der Protagonistin selbst, als auch von der sie umgebenden, schroffen Gebirgslandschaft ausstrahlt. Offen bleibt, ob es sich um einen Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang handelt, um Ende oder Neubeginn.

Wichtig ist Bernard Ammerer auch der eigene emotionale Link zu seinen Arbeiten. Dabei spielt die Figur im Oeuvre des 1978 in Wien geborenen Künstlers eine tragende Rolle. Oft waren es Freunde und Bekannte, die Ammerer für Fotos Modell standen, später in seinen Kompositionen die „inneren Beobachtungen“ des Künstlers reflektierten und somit auch für

andere anschaulich machten. Wirken sie auf den ersten Blick, etwa bei Human Interface, gleich einem Netz zwischenmenschlicher Beziehungen miteinander verbunden und strahlen Dynamik bzw. Freude aus, bleiben sie doch zumeist nach innen gekehrt und in ihrer eigenen Welt. Während bei früheren Bildern die Protagonisten von Ammerer oft in einen surreal anmutenden Kontext gesetzt wurden, in dem ihr Tun ohne jeglichen Bezug zu dem sie umgebenden Raum erscheint, interagieren die Figuren in aktuelleren Bildserien mehr mit diesem als zuvor. Laufen, stehen oder sitzen junge Menschen früher meist isoliert in malerisch ausformulierten Landschaften, Autobahnen, anonymen urbanen Settings oder teils auch nur geometrischen Konstellationen, wirken sie bei neuesten Arbeiten wie etwa jenen, die das Höhenbergsteigen thematisieren, um einiges vertrauter mit ihrer Umgebung. Sie erscheinen weniger distanziert – vielleicht auch deshalb, weil das Thema dem Künstler emotional besonders nahe steht.

Er stellt in der Bildserie Search unter anderem die Neugier der Angst vor dem Unbekannten gegenüber und spricht im weiteren Sinne auch das „sich freiwillig der Gefahr aussetzen“ an. So stehen etwa einzelne Wanderer an klippenähnlichen Felsvorsprüngen noch in Sicherheit, vor ihnen klafft der schwarze Abgrund. Astronautengleich wandern sie alleine wie in Trance, als wären sie soeben auf einem neuen Planeten angekommen über unbekanntes Terrain. Sie wissen nicht, was die Zukunft, der nächste Schritt bringen wird – trotzdem gehen sie unbeirrt weiter. Einige Bilder zeigen auch nur reine Himmels, Landschafts bzw. Wolkenformationen, in denen sich diese Stimmung widerspiegelt und vielschichtige Interpretationsmöglichkeiten bietet.

Der imaginäre Handlungsraum dient Ammerer dabei als „Aufhänger“ für die Auseinandersetzung mit sich selbst, mit dem Hier und Jetzt und vielleicht auch mit dem Wunsch nach Freiheit, Weiterentwicklung und dem Ausbrechen aus vorgegebenen Normen.

Ammerers Arbeiten spiegeln kein fotografisches Abbild der Wirklichkeit wider, sondern stellen vielmehr emotionale und gesellschaftliche Zustände dar. Zweifel und Verunsicherung sind zu großen Themen unserer Gesellschaft geworden, bestehende Gewissheiten geraten für viele Menschen immer mehr ins Wanken. Was ist Maske, was ist echt?

Dem Künstler, der zunächst ein JusStudium abschloss, bevor er sich für eine künstlerische Karriere entschied, geht es dabei vor allem um eine relativierende Sicht auf die Dinge, um das „Bigger Picture“ und letztlich auch um Zufriedenheit. Das Psychologische interessiere ihn dabei mehr als das Intellektuelle, auch wenn beide Aspekte sich nicht gegenseitig ausschließen würden. Dem Betrachter wird klar: es gibt nicht nur eine beste Lösung bei kreativen Denkvorgängen und Ausdrucksweisen, sondern mehrere gleichwertige. Und Perfektionismus sei dabei eher schädlich, so Ammerer. Er versuche, diesen mehr und mehr abzulegen.

Angelika Seebacher

über den Künstler

Der Künstler hat sich der figurativen Malerei und einem malerischen Realismus verpflichtet und zeigt in seinen Bildern entscheidende Momente, Situationen auf der Kippe, Körper an der äußersten Belastungsgrenze, Szenen aus dem Alltag der Jugendkultur. Das Bildgeschehen lässt sich nicht zur Gänze erfassen, die Protagonist:innen in Ammerers Bildern treten mit dem Betrachter in Verbindung, als würden sie dazu auffordern, die Situation weiterzudenken.

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