Random Realness

Alexander Steinwendtner
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Galerie Frey Wien

Über DIE Ausstellung

DAS NATURELLE EINER EIGENEN KUNST

Alexander Steinwendtners rezente Malerei

„Die Kunst hat die Tendenz, wieder die Natur zu sein.
Formelhaft ausgedrückt: Kunst = Natur – x“
- Arno Holz

Kunst und Natur liegen nahe beieinander. Zufälligkeiten und Erfahrungen stoßen zusammen und las- sen sich verorten. Die Topographie der Kunst, die Verortung des Werks und wo es zustande kommt, ist im Œuvre von Alexander Steinwendtner ein Balancespiel mit den Gegebenheiten.

Die Variable x Der 1975 in Salzburg geborene Künstler studierte bei Christian Ludwig Attersee an der Akademie für angewandte Kunst in Wien. Schon allein diese beiden Orte bestimmen in gewisser Weise seine Arbeit, er lässt sein topographisches Umfeld willkürlich in seinem Werk mit einfließen. Alexander Steinwendtners jetziges Atelier befindet sich in mitten von Wald, in einem alten Steinbruch wo Adneter Marmor abgebaut wird. Die alte große Schmiede des Steinbruchs entwickelte sich langsam von einer verwitterten Bruchbude zu seinem heutigen Schaffungsfeld. Besser, Lagerort. Denn 80% seiner Tätigkeit spielt sich im Freien ab. Der großgewachsene Maler und Bildhauer zieht die Witterung vor, die Hitze, die Kälte und den Wind, der am Berg – mit Ausblick auf das Tauerngebirge – unberechenbar sein kann. Die Formel von Arno Holz, die der Literat und Denker im 19. Jahrhundert aufgestellt hat, passt nur teilweise auf die Art von Kunstobjekten, mit denen sich Steinwendtner beschäftigt. Der Künstler ist auch im 21. Jahrhundert nicht in der Lage die ästhetischen Vorzüge der Natur und die Schönheit ihrer Abgründe zu verbessern, dazu ist niemand in der Lage. Alexander Steinwendtner konkret, schafft es dennoch aus ihr zu schöpfen und höchsten Respekt entgegenzubringen. In Variable x erhält einen viel größeren Stellenwert als ihr in der Formel zugesprochen wird. X bezieht sich auf den Zufall, gleichzeitig Teil von Kunst als auch von Natur. Kunst und Natur stehen in einem Verhältnis zueinander, das Balance bedingt, Stabilität und Zuversicht. In diesem Spannungsfeld betätigt sich Steinwendtner.

Die Natur – die nähere Umgebung des Künstlers – und die Materialien, die durchaus der Natur entstammen, vor allem in seinen jüngeren Werken, spielen eine essentielle Rolle im Œuvre von Alexander Steinwendtner. Wie in jeder Art von Kunst trägt die Technik das ihrige bei, aber grundsätzlich jongliert Steinwendtner zwischen seinen Materialien und ihrer Natur. Der Zufall kommt zu diesem Spannungsfeld ohnehin von selbst hinzu.

Akribie und Chaos Alexander Steinwendtner ist ein akribisch genauer Künstler, der schon 2001 zur Diplomausstellung an der Akademie der angewandte Kunst, seine Wurzeln – besser, seine Erde - wortwörtlich ausgegraben und nach Wien verfrachtet hat. Dort brachte er seinen gefrorenen Boden aus Salzburg mit Trockeneis in einem Plexiglaskubus zum Brodeln. „Der graue Stein im kalten Moor“ nimmt Bezug auf die beiden Plätze denen Steinwendtner topographisch verhaftet war: in Wien, wo er studierte und in seinem Atelier beim Leopoldskroner Moor. Dazu entstanden eine Serie von Arbeiten auf Plastikfolie – irreversibel, weil von hinten bemalt, sodass sich Steinwendtner keinen Fehler erlauben durfte. Die Akribie hat er sich selbst auferlegt. „Das eine führt zum anderen.“ – ein Ausspruch des Künstlers der auf ihn selbst zutrifft wie auf keinen anderen. Plastik, das Material, das der menschlichen Gesellschaft einerseits das Leben erleichtert, andererseits durch die übermäßige Verwendung und die Problematik des Abbaus die Natur zerstört, stellt einen Verbindungsbogen zu einer großen Serie dar: „Horizont II“ Segeltücher, heutzutage meist aus Kunstfasern gefertigt, sind präzise genäht und weisen deshalb bestimmte Merkmale auf, die für Segler essentielle Informationen tragen. Steinwendtner spannt die Segelleinwand auf Holzrahmen auf und greift die Charakteristika heraus. Das Segeltuch wird zur Bildoberfläche, zum Bildträger und zum Sujet. Das Material erhebt sich zum bestimmenden Element dieser Serie.

Erst in Folge, als Steinwendtner diese Serie modifiziert und verändert, tritt das Material in den Hintergrund: er appliziert Zeichen mit Ölfarbe, das Segeltuch verschwindet unter einem Schleier aus Farbe und entwickelt sich zum reinen Bildträger.

Mit den beiden Beispielen der früheren aber essentiellen Arbeiten tritt der Künstler in die Sphäre des Changierens ein, zwischen topographischer Verhaftung und Dekonstruktion, zwischen bestimmen- dem Material und Naturvorgabe, zwischen Plan und Zufall.

Prozessuale Zufälligkeiten Alexander Steinwendtners prozessuales Denken basiert auf einer ganz wichtigen Konstante: der Malerei.

„Random“ heißt die rezente Serie des sich ständig wandelnden Künstlers. Legt er eine Serie beiseite und befindet sie für vollständig, beginnt Steinwendtner mit einer neuen Serie bei Null. Das Material ist neu, die Technik ist neu, die Dimensionen andere – er liebt ganz offensichtlich die Herausforderung von Grund auf zu arbeiten, sich einzuarbeiten, sich aufzuarbeiten, sich letztendlich auch abzuarbeiten. Random, zufällig, willkürlich, nimmt Bezug auf die ganz eigene Technik der großformatigen Arbeiten auf Holz, die der Maler mit einer eigens angefertigten Fräse bearbeitet. Vertikalen treffen auf Horizontalen, die auf den Zentimeter genau gesetzt wirken und wo die Akribie des Künstlers wieder durchkommt. Aber die Schnitte entstehen im Prozess, die Tiefe geben die Intensität der Farben an, die Schicht für Schicht darunter liegen.

Aus den sehr geometrischen Arbeiten brechen immer wieder Farbstürme aus, die strengen Raster dekonstruierend. Blautöne, dem Himmel entsprechend, bis hin zu starkem Rot und pastosem Gelb, finden sich auf der kräftigen Palette Alexander Steinwendtners. Mit seinen explosionsartig adaptierten Farben gibt der Künstler womöglich den Eindruck seiner Umgebung eine bildnerische Stimme – Far- ben wie Himmelsstimmungen, Herbstwälder und eisige Gebirgsbäche. Farbe und Linie verschwimmen zu einer Poetik der Sinne, in dem das Material plötzlich zweitrangig wird.

Die Variable x scheint bei Alexander Steinwendtner die Hingabe und Ernsthaftigkeit zu sein, mit der er Natur, Kunst und dem Spannungsfeld zwischen den beiden entgegentritt. Dabei erlaubt er sich Statements z.B. die Politik betreffend und leidenschaftliche Dekonstruktionen seiner eigenen Serien. Dass der Künstler unter freiem Himmel arbeitet und die Werke sogar im Steinbruch ausstellt, könnte die Formel zu einem gewissen Grad verändern: Kunst = Natur + x

Mag. Lucia Täubler, Kunsthistorikerin

über den Künstler

Auszug aus dem Nachwort von Christian L. Attersee in "Steinwendtner 2004-2011"

"Alexander Steinwendtners Formenvokabular zeigt sich in sehr unterschiedlichen Ausdrucksformen: einmal ist es die eigene Körpermasse und Kraft, die er in seine Bilder wirft, ein anderes mal ist es die Besiedelung von Fundstücken, zum Beispiel weiße Segel, die durch seine künstlerische Fähigkeit eine fast Malewitsch'sche Einfachheit erreichen."

PRESSESTIMMEN

  • Christian L. Attersee DE / EN
  • Lucia Täubler DE / EN
  • Niederösterreicherin PDF

http://www.xandcom.at/

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